26
Jul
2008

Helvetische Nacht*

Komme gerade von einem Empfang der Schweizer Botschaft. Die Versprechen vorab: Bekannte (nicht-schweizerische) zu treffen, ein vorzügliches Aperó und Live-Musik. Die angekündigte deutsch-französische Lyrik-Lesung habe ich in der Abendsonnenwärme über mich ergehen lassen. In der Pause saß ich am Wasser. Dann hörte ich, dass zu Beginn des zweiten Teils jemand Gedichte zu skandieren anfing, also bin ich Fluglinie 20 Meter am Wasser sitzen geblieben. Wenn jemand Gedichte skandiert, empfinde ich Scham. Da versuche ich wegzuhören.
Beim Empfang glaubte ich, in der Schweiz sei die Armut ausgebrochen. Doch ich konnte in Erfahrung bringen, dass die Hausmeisterin alles in Handarbeit alleine zubereitet hat und somit wusste ich die Edamer-Sticks und Bacon-Chips entsprechend zu würdigen.
Zwischendrin und hinterher gab es Jazz. Mein Verhältnis zum Jazz ist noch ungeklärt, aber nachdem ich mich davon überzeugt hatte, dass (auch) hier nicht mein zukünftiger Ehemann und Vater meiner Kinder anwesend war, habe ich mich ganz der Musik hingegeben. Isoliert, ohne etwas zu wollen. Aber irgendwann will ich etwas. Ich hatte schon eingesehen, dass ich nicht auf meine Kosten kommen würde, was immer das heißt, aber es war Sommer, es war Nacht und Segelboote mit Backbord-und Steuerbord-Lichtern leuchteten rot und grün durch die warme Dunkelheit.
In der Bar gabs dann endlich Unterhaltung. Ein Pärchen, das sich demnächst vermählen wird, übertrumpfte sich gegenseitig in einem höchst vergnüglichen Witze-Erzähl-Contest, eine attraktive 51-Jährige (wie meine Mama: attraktiv und 51-jährig) wollte mich in Männer-Kunde erziehen und schließlich kam ich noch zu meinem einzigen Flirt an diesem Abend - mit der Praktikantin des Hauses, die mir schon die ganze Zeit über aufgefallen war. Eigentlich suche ich ja noch nach einer Gespielin, die mir und dem Chauffeur gefällt. Drei sind nicht unbedingt eine(r) zu viel.
Und so sehr wie ich tagsüber in und an Berlin leide, so sehr spüre ich nachts eine große Gelöstheit. Gar in Nächten wie dieser, mit fast nichts am Leib.

[*Die Veranstaltung fand übrigens nicht in der Schweizer Botschaft statt, sondern wurde andernorts von ihr ausgetragen. Direkt auf der innerstädtischen Spree ist das Segeln auch längst nicht so schön.]

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nanou - 26. Jul, 07:04

Anouschka, you make me laugh and read twice ...
aus der Seele geschrieben -
Wenn das so weitergeht, denke ich nochmal nach über meine Heterosexualität ...
Ach und jene Stadt ... wie das Leben in ihr ...
das ist schon seeeehr verführerisch ... zumal mit einer Elfe wie Ihnen ... und ich weiß da um eine andere Frau, die in Berlin lebt, ja, die passt gut dorthin - ... die ist hier auch im "Dorf" ...
ach- und WO bitte bin ich? ... Wollnwergarnichdrüberreden...

abgesehen davon, Aussicht nach dem Vater der Kinder zu halten ist eher in die Zukunft hin amüsant - aber DAS habe wir nun ja geklärt ... wer das wird - im Nachhinein - glauben Sie mir - ist das nicht mehr witzig. Dann will frau nur noch abhauen ... ich weiß, wovon ich spreche ...

Anousch O. - 26. Jul, 23:02

Oh!
books and more - 27. Jul, 00:21

Ts!

Solche genial knappen Entgegnungen, die die Pflicht zur nächsten Äußerung nonchalant sogleich wieder zurückschieben - das können sich auch nur schöne Frauen leisten!
milka and more (Gast) - 26. Jul, 07:53

Ja was sind denn das für Gedanken in unserem sauberen Schwyzer Botschaftshüsli, Sie? Das finde ich ja, also wie finde ich denn das? Also da schmilzt einem ja die Alpenmilchschokolade im Säckli, odr! Ja reizend und enchantée, dass gerade Sie heute, ah, also dass Sie, wenn ich so sagen darf, gekommen sind! ...

[Der Botschafter, sich verhaspelnd. Der zufällig dabeistehende Protokoll-Attaché Höllenqualen leidend. Irgendwann würde sich der Chef um Kopf und Kragen plaudern und dann Gruezi...]

Anousch O. - 26. Jul, 23:03

Ah!
books and more - 27. Jul, 00:22

Dito (s.o.)
Aurisa - 27. Jul, 22:43

Uh ;)!
steppenhund - 27. Jul, 22:37

Aha!

schneck06 - 2. Aug, 01:07

immer wieder komisch, die schweiz, mal abgesehen von den bergen.

Anousch O. - 2. Aug, 19:25

Schöne Flughäfen haben die dort.
g a g a - 4. Aug, 21:32

Bin am Schwanken, ob ich den Satz "Wenn jemand Gedichte skandiert, empfinde ich Scham." oder "Isoliert, ohne etwas zu wollen." am besten finde. Auf jeden Fall: Grimmepreis!

Anousch O. - 4. Aug, 22:58

Das haben Sie aber schön gesagt. Danke!
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The Empress is a creator, be it creation of life, of romance, of art or business. While the Magician is the primal spark, the idea made real, and the High Priestess is the one who gives the idea a form, the Empress is the womb where it gestates and grows till it is ready to be born. This is why her symbol is Venus, goddess of beautiful things as well as love. Even so, the Empress is more Demeter, goddess of abundance, then sensual Venus. She is the giver of Earthly gifts, yet at the same time, she can, in anger withhold, as Demeter did when her daughter, Persephone, was kidnapped. In fury and grief, she kept the Earth barren till her child was returned to her.

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